25.08.2025 | 05:45
Vor der Zinswende + Turnaround Kandidaten - First Hydrogen, ProSiebenSat.1 Media, Nel ASA
Das maßgebliche Börsenereignis der letzten Woche war die Rede des FED-Vorsitzenden Jerome Powell in Jackson Hole. Die US-Notenbank steht erstmalig vor einer Zinssenkung und das, obwohl sich die Börsen auf Höchstständen befinden. 75 % der Marktteilnehmer gehen davon aus, dass die erste Zinssenkung um 0,25 Prozentpunkte bereits im September 2025 auf der nächsten FED-Sitzung erfolgt. Die Börsen drehten nach der Rede weiter auf und markierten neue Allzeithochs, denn sinken die Zinsen, verbessern sich die Finanzierungsbedingungen für die Unternehmen.
Lesezeit: ca.
4 Minuten.
Autor:
Alfred Laugeberger
ISIN:
CA32057N1042 , DE000PSM7770 , NO0010081235
First Hydrogen mit SMR-Technologie vor Turnaround?
Das Unternehmen First Hydrogen (WKN: A3C40W | ISIN: CA32057N1042 | Ticker-Symbol: FIT) ist die letzten Jahre im Wasserstoff- und Brennstoffzellensektor gewachsen und hat im ersten Quartal seine Geschäftsexpansion in den Bereich der kleinen modularen Kernreaktoren (SMR) angekündigt. Seit Jahren erlebt die Atomenergie einen globalen Aufschwung, denn die Kernenergie liefert grundlastfähigen Strom, der zudem sehr günstig produziert werden kann. Auch die US-Administration unter Donald Trump hat den Auf- & Ausbau neuer Kraftwerke per Exekutive Order des US-Präsidenten beschlossen und will damit die Abhängigkeit von fossilen Energiequellen reduzieren.
Zudem wird die SMR-Technologie als Schlüssel für den Ausbau einer effizienten Energieversorgung ohne CO2-Produktion angesehen. Der Energiebedarf der Weltwirtschaft steigt stetig an und durch die Digitalisierung und den massiven Vormarsch der Künstlichen Intelligenz (KI) hat die Nachfrage nach Strom noch einmal deutlich zugenommen. Es müssen unzählige KI-Rechenzentren aufgebaut werden, die im Vergleich zu bisherigen Rechenzentren bis zu zehn Mal mehr Energie bedürfen.
First Hydrogen zielt mit der Geschäftserweiterung zur SMR-Technologie darauf ab, die Wasserstoffproduktion des Unternehmens effizienter und kostengünstiger gestalten zu können. Die überschüssige Energieproduktion aus den SMR-Reaktoren soll u. a. zur Erzeugung von sauberem Wasserstoff genutzt werden und so auch die Wirtschaftlichkeit der Wasserstoffproduktion weiter erhöhen.
Um die theoretischen Grundlagen für die Praxis anzupassen, ist das Unternehmen Anfang Juni 2025 eine strategische Zusammenarbeit mit dem Professor Manzoor von der Universität in Alberta eingegangen. Das Ziel der Kooperation ist die Weiterentwicklung der SMR-Technologie sowie eine Verbesserung des Reaktordesigns. Dass dieser Markt starkes Wachstum verspricht, davon ist nicht nur die Geschäftsführung von First Hydrogen überzeugt. Auch das Bankhaus Goldman Sachs sieht einen starken Anstieg des Energiebedarfs durch Rechenzentren mit KI von 160 % bis 2030 voraus. Der globale Energieverbrauch wird sich grundlegend ändern und macht Investitionen in Billionenhöhe in Europa und den USA nötig.
ProSiebenSat.1 Media in der Übernahmeschlacht
Das deutsche Medienunternehmen ProSiebenSat.1 Media (WKN: PSM777 | ISIN: DE000PSM7770 | Ticker-Symbol: PSM) ist in den letzten Monaten wieder in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Nicht nur, weil die Aktie seit Ende 2024 von 4,50 EUR um über 80 % auf zuletzt 8,13 EUR gestiegen ist, sondern vor allem wegen des Übernahmeangebotes der italienischen MediaForEurope (MFE), welche zum Berlusconi-Imperium gehört, von Ende Juli 2025. Zum Ende der ersten Frist wurden der MFE bis zum 13. August 2025 nur insgesamt 43,6 % der Anteile angedient. Um die Fusion voranzutreiben, werden jedoch mind. 50 % + eine Aktie seitens der MFE benötigt und diese wichtige Zielquote liegt noch ein gutes Stückchen entfernt.
Bisher hält der tschechische Investor PPF gegen die Übernahme und konnte seine Anteile auf zuletzt 18,41 % ausbauen. PPF will seinen Anteil wenigstens auf 29,99 % ausbauen, erhöhte sein Angebot von 7 EUR je Aktie bisher jedoch nicht. Da die Tschechen ihr Angebot nicht weiter erhöhen wollen, verkauft kein Aktionär mehr Aktien an PPF, denn an der Börse werden derzeit 16 % mehr gezahlt.
Nel ASA noch ein Turnaround-Kandidat
Der einstige Star am Wasserstoff-Börsenhimmel Nel ASA (WKN: A0B733 | ISIN: NO0010081235 | Ticker: D7G) ist auf dem Boden der Realität zurückgekommen. Die Umsätze haben sich mit 48 % fast halbiert und die Auftragseingänge sind um fast 75 % zurückgegangen. Entsprechend gibt es keine Skaleneffekte bei nicht ausgelasteten Produktionsanlagen, die nun teilweise gestoppt wurden und stillstehen. Die Geschäftsführung setzt daher den Sparkurs fort, um das Unternehmen mittelfristig in die Profitabilität zu bekommen. Das könnte gelingen, denn mit einem ausgewiesenen Barmittelbestand von 1,93 Mrd. NOK (ca. 163 Mio. EUR) ist die finanzielle Lage als robust anzusehen, zumal im letzten Quartal „nur“ ein Verlust von 86 Mio. NOK (7,3 Mio. EUR) erzielt worden ist.
Priorisieren tut das Management derzeit die nächste Gerätegeneration des Unternehmens, um so durch effizientere Geräte den Absatz wieder steigern zu können. Durch große Bestandskunden wie General Motors, Reliance oder auch die Kooperation mit SAMSUNG E&A (WKN: A0DNVH | ISIN: KR7028050003) stehen zufriedene Abnehmer weiterhin parat. Profitieren sollte das Unternehmen von dem milliardenschweren Förderprogramm der EU, welches den Absatz seiner Produkte wieder erhöhen dürfte. Die EU will mit dem Förderprogramm die gesetzten Planziele bzgl. der CO2-Reduktion erreichen.
Für Turnaround-Investoren könnte die Aktie daher sehr spannend sein. Nach dem deutlichen Absturz des Aktienkurses stabilisierte sich der Wert in den letzten acht Monaten zwischen 0,16 EUR bis 0,24 EUR.
Fazit
Der Anstieg des globalen Energiebedarfes erhöht auch die internationale Nachfrage nach Uran und neuen Kernreaktoren deutlich. Die Kernkraftwerke der neuesten Generation sichern dabei nicht nur die allgemeine Versorgung, sondern Überkapazitäten bei der Energieproduktion können via Wasserstoff gezielt gespeichert werden und damit auch die Kosten der Wasserstoffproduktion deutlich reduzieren. Davon sollten die Unternehmen First Hydrogen und Nel ASA profitieren, sodass Kursrücksetzer für den Einstieg bei den Turnaround Kandidaten genutzt werden könnten. Bereits deutlich angestiegen im Rahmen der Übernahmeschlacht ist der Aktienkurs von ProSiebenSat.1 Media. Dadurch, dass sich zwei Parteien um die Anteile streiten, ist der Aktienkurs auf dem aktuellen Kursniveau nach unten abgesichert.