20.07.2022 | 05:45
Stabilität und Allzeittief - Erin Ventures, Uniper, Zalando Aktie
Die russische Gazprom wegen der in Kanada zurückgehaltenen Gasturbine gegenüber seinen westlichen Erdgasabnehmern die Höhere Gewaltklausel (Force Majeure) für ausgebliebenen Lieferungen gezogen hat, weist der Düsseldorfer Energiekonzern Uniper diese Erklärung von Gazprom zurück. Während aber die einen Unternehmen unter der Knappheit an Rohstoffen leiden, können andere Unternehmen genau davon profitieren. Es ist wie immer nur eine Frage des Standpunktes und wie die anschließenden Investitionsentscheidungen getroffen werden.
Lesezeit: ca.
4 Minuten.
Autor:
Stefan Bode
ISIN:
ERIN VENTURES INC | CA29570H2000 , UNIPER SE NA O.N. | DE000UNSE018 , ZALANDO SE | DE000ZAL1111
Stabilität mit Bor & Erin Ventures?
Das kanadische Unternehmen Erin Ventures (WKN: A2DWW4 ISIN: CA29570H2000 Ticker-Symbol: EKV1) hat sich mit einer exklusiven Explorationslizenz eines der wenigen weltweit noch freien Borvorkommen gesichert. Die beiden größten Anbieter auf dem Markt sind Rio Tinto Kalifornien und das türkische Staatsunternehmen ETI Maden. Beide Anbieter stehen für ca. 50% des weltweiten Angebotes gefolgt von Kasachstan an dritter Stelle. Der industriekritische Rohstoff zeichnet sich dabei als Grundstoff mit hoher Festigkeit aus und ist z.B. in der Glasindustrie nicht wegzudenken. Ob in Fenstern, Displays, LCD-Bildschirmen oder auch zur kratzfesten Abdeckung von Solarpanel überall wird Bor bzw. ein Borsilikat als Beimischung benötigt.
Erin Ventures will daher sein Piskanja-Bor-Projekt in Serbien zur Produktionsreife führen und konnte bereits der vorläufigen Machbarkeitsstudie aufwarten. Diese bezieht sich zwar noch auf die alten Bohrdaten, haben jedoch eine sehr gute Aussagekraft und können durch neue Bohrdaten noch weiter verbessert werden. Bisher werden in der Lagerstätte über 7,8 Mio.t (31% Bortrioxid B2O3) angezeigte Ressource sowie 3,4 Mio.t bei 28,6% B2O3 abgeleitete Ressource angezeigt, was einer Minenlaufzeit von 16 Jahren entsprechen würde. Die anfänglichen Investitionskosten in Höhe von ca. 80 Mio. USD würde mit Produktionsbeginn innerhalb eines Jahres rückzahlbar sein und das ganze Projekt würde mit einer Nachsteuer-Marge von 78,7% steuerbar sein. Dafür muss das Unternehmen zwar noch Eigenkapital einwerben aber sollte dies im Laufe des Jahres gelingen, dürfte der nötige Darlehensanteil mit Leichtigkeit finanziert werden können.
Zalando – Am Allzeittief und nun?
Der Hype über den hochgepushten Internethändler Zalando (WKN: ZAL111 ISIN: DE000ZAL1111 Ticker-Symbol: ZAL) war bereits vor über einem Jahr vorbei. Im Juli 2021 markierte die Aktie das Allzeithoch bei 105,90 EUR. Seitdem ging es rasant abwärts und das Unternehmen verlor innerhalb eines Jahres mehr als 80% seiner Marktkapitalisierung. Mit 20,94 EUR je Anteilsschein markierte der einstige Corona-Lockdown-Profiteur am 24 Juni 2022 das bisherige Allzeittief seit dem Börsengang. Den alten Marketingslogan des Mode- und Lifestyleunternehmens haben einige Aktionäre bereits in „Schrei vor (Un-)Glück“ umgewandelt. Da es auch mit der Konjunkturaussicht an vielen Märkten weniger erfreulich aussieht und die Kaufnachfrage nachlässt, musste die Firmenleitung die Jahresprognose senken. Das sogar sehr deutlich. Von den einst erwarteten zwölf bis 19 Prozent Wachstum ruderte die Geschäftsleitung stark zurück und gab nun für das Gesamtjahr 2022 nur ein Wachstum von Null bis drei Prozent aus.
Damit wurde auch das erwartete Betriebsergebnis (EBIT) von 430 Mio. bis 510 Mio. EUR auf nur 180 Mio. bis 260 Mio. reduziert. Doch was auf dem ersten Blick schockierend klingt, haben die Marktteilnehmer bereits im Vorfeld erwartet bzw. sogar teilweise mehr negatives Überraschungspotential eingepreist. Da das Worst-Case-Szenario mit der neuen Jahresprognose aber erst einmal vom Tisch ist, reagiert der Aktienkurs sogar positiv und zog seit Wochenbeginn wieder an. Der Deutsche Bank Analyst Adam Cochrane begrüßte die realistische Prognoseanpassung. Er betrachtet die Aktie als preiswert und sieht das reduzierte Kursziel bei 42 EUR, was vom aktuellen Stand einem Preisanstieg von über 50% entsprechen würde.
Uniper – Absturz und Aufschlag?
Der einstige Profiteur der Gaspreisrallye in 2021 Uniper (WKN: UNSE01 ISIN: DE000UNSE018 Ticker-Symbol: UN01) ist schneller zum Opfer der Geopolitik von 2022 geworden, als die meisten Marktteilnehmer es wohl erwartet hatten. Dabei hatte jedoch nicht der Gaslieferant Gazprom bzw. „Der Russe“ die verminderten Gaslieferungen zu verantworten, sondern die Sanktionspolitik der deutschen und kanadischen Regierung. Während die Erdgaspipeline Nord-Stream-II durch Druck der USA auf die neue Bundesregierung nicht ans Netz gehen durfte, damit nicht mehr genügend billiges russisches Erdgas für alle europäischen Konsumenten geliefert werden kann, hielt Kanada eine wesentliche Turbine für Nord-Stream-I bei Wartungsarbeiten von Siemens in Kanada von der Rücklieferung zurück.
Das Zwang Uniper dazu seine Erdgaslieferverpflichtungen gegenüber seinen Abnehmern mit extrem teurem Erdgas an der Börse zu kaufen und brachte ein für die deutsche Wirtschaft relevantes Schlüsselunternehmen ins Wanken und kurz vor die Insolvenz. Selbst das vollständige Ausschöpfen der zwei milliardenschweren Kreditlinie der staatlichen Förderbank KfW reichen nicht aus, um den kurzfristigen Kapitalbedarf zu decken und so beantragte Uniper weitere Mittel. Ob die Sorge begründet ist, dass Gazprom die Pipeline nach den regulären Wartungsarbeiten nicht wieder hochfährt, werden die Marktteilnehmer bis zum Wochenende hin erfahren. Aktuell hat die Börse eher eingepreist, dass die Erdgasröhre nicht wie von Gazprom angekündigt wieder befüllt wird und Erdgas liefert. Dann würde an einer Insolvenz/Verstaatlichung des Unternehmens kein Weg vorbeiführen und dass ein harter Aufschlag für die Aktionäre bedeuten. Sollte aber wider Erwarten der deutschen Regierung Gazprom die Nord-Stream-I Röhre wieder befüllen, sollte die Aktie von Uniper keine halten mehr haben und ein 50%iger Kursanstieg auf 15-16 EUR je Aktie innerhalb weniger Tage wäre wahrscheinlich. Für Zocker mit klarem Risikoprofil sicherlich eine interessante Anlagealternative.
Im aktuellen Marktumfeld mit depressiver Stimmung an den europäischen Aktienmärkten ist das Treffen einer Investitionsentscheidung für Marktteilnehmer besonders schwierig. Genau diese Gelegenheiten finden sich aber meist nicht so oft an den Börsen und gerade die mutigen Anleger werden in solchen Situationen oftmals mit überproportionalen Renditen belohnt.