17.08.2021 | 05:45
Anspruch und Wirklichkeit - Bechtle, Defense Metals, Nikola
Deutschlands Zukunft im Energiebereich soll mittel- bis langfristig auf erneuerbare „grüne“ Energien aufgebaut werden. Die Bundestagswahl am 26. September 2021 wird daher für den Industriestandort Deutschland richtungsweisend sein, denn unter dem „Mantel des Klimaschutzes“, versuchen alle Parteien die Gunst der Wähler für sich zu gewinnen. Beim Anspruch will jeder die andere Partei übertrumpfen und den Grünen nach soll bereits bis 2035 die CO2-Neutralität erreicht werden. Doch in die Wirklichkeit umsetzbar ist das allein von der Rohstoffseite her gar nicht, es sei denn alle anderen Länder der Welt stellen ihren Bedarf hinter den der Deutschen an, damit diese als erstes Land „klimaneutral“ werden können.
Lesezeit: ca.
4 Minuten.
Autor:
Dr. Tim Faustmann
ISIN:
BECHTLE AG O.N. | DE0005158703 , DEFENSE METALS CORP. | CA2446331035 , NIKOLA CORP. | US6541101050
Die Wirklichkeit sieht rot – Defense Metals
Viele hochtechnologische Produkte, die für die Energiewende und „Klimaneutralität“ benötigt werden, brauchen „Seltene Erden“ bzw. sogenannte „Technologiemetalle“. Diese werden bisher meistens in China produziert bzw. dort veredelt, denn kaum ein anderes Land der Erde hat noch überhaupt Verarbeitungskapazitäten für „Seltene Erden“. Da hilft es auch nicht, sich gegenüber China aufzuregen oder gar China zu brüskieren, denn ohne die Seltenen Erden drehen die Windräder in den Offshore-Parks nicht, noch würde irgendein Auto der E-Mobilitätsgeneration vom Band rollen. Auch die zivilen oder militärischen Hightech-Flugzeuge würden nicht gebaut werden könnten und Kernspintomographen für die Krankheitsermittlung könnten ebenfalls nicht mehr rotieren. Doch werden kritische und seltene Metalle von der EU oder Deutschland in Form von Firmenbeteiligungen langfristig gesichert? Die Realität sieht anders aus, denn ganz aktiv ist nach wie vor das „Rote Reich der Mitte“.
Erst letzte Woche sicherte sich die in staatlicher Hand befindliche Sinosteel Corporation mit einer richtungsweisenden Absichtserklärung die Kooperation mit dem kanadischen Seltene Erden Explorer Defense Metals (WKN: A2PBZ4 ISIN: CA2446331035 Ticker: 35D). Dabei wird auf allen Ebenen zusammengearbeitet bis hin zur Planung einer Pilotanlage und der wirtschaftlichen und technischen Machbarkeit einer umfassenden Minenerschließung. Was für Defense Metals ein Quantensprung ist, zeigt aber den politischen Anspruch der vermeintlichen Welt und deren Umsetzung in die Wirklichkeit. Das sieht bei China ganz anders aus und zeigt sich auch wieder bei Unternehmen aus der zweiten Reihe wie Defense Metals, die bereits ca. 4,9 Millionen Tonnen Mineralressourcen ausweist, mit einem ca. 7,4% NdPR-Oxid (Neodym-Praseodym) Anteil. Dennoch wird die Aktie derzeit mit nur 0,175 EUR gehandelt, was aber nicht mehr lange so bleiben dürfte.
Nikola erhält Zuschuss
Letzte Woche erhielt das Wasserstoffunternehmen Nikola (WKN: A2P4A9 ISIN: US6541101050 Ticker: 8NI) eine Finanzspritze in Höhe von 2 Mio. USD vom Energieministerium der Vereinigten Staaten von Amerika. Das Geld soll verwendet werden, um die Erforschung der autonomen Betankungstechnologie für das zukünftige Wasserstofftankstellennetzwerk der USA voranzutreiben. Mit Hilfe der autonomen Betankung soll das autonome Fahren schneller, effizienter und sicherer werden und sehr weit fortgeschritten ist dabei bereits das Betankungssystem von Nikola. Gerade für schwere Nutzfahrzeuge wie LKW’s kann der Betankungsvorgang bereits in unter 20 Minuten erfolgen. Mit Hilfe von Weiterentwicklung soll der Arbeitsaufwand für die Betankung und die Wartung noch einmal deutlich gesenkt werden und eine manuelle Betankung hinfällig werden.
Gebracht hat diese Meldung dem gebeutelten Unternehmen aber nichts. Ein neues Allzeittief mit 9,36 USD je Aktie wurde erst am Freitag erreicht. Das hängt sicherlich auch damit zusammen, dass der ehemalige Gründer Trevor Milton ein weiteres Paket von 7,5 Mio. Aktien für 76 Mio USD abgestoßen hat. Da Trevor Milton und seine Frau noch weitere 64,6 Mio. Aktien besitzen, kann jederzeit mit weiteren Aktienverkäufen gerechnet werden. Da aber auch die geplanten und bereits reduzierten Auslieferungszahlen von Wasserstoff-LKW auf 25 bis 50 in diesem Jahr reduziert worden. Doch durch den Rohstoff- und Teilemangel könnte selbst das nicht erreicht werden. Daher sind die Marktteilnehmer aktuell sehr vorsichtig und wissen nicht so recht, wie weit das fallende Messer noch fällt und wann sie zugreifen sollten, denn bisher liegen auch bei Nikola Anspruch und Wirklichkeit weit auseinander.
Bechtle nach dem Aktiensplit
Mit einigem Schrecken dürften gestern einige Investoren im Depot die Drittelung des Aktienkurses der Aktien von Bechtle (WKN: 515870 ISIN: DE0005158703 Ticker: BC8) vernommen haben. Doch der Schock dürfte nur kurz gewesen sein, denn die Aktienanzahl wurde um den Faktor 3 erhöht und hängt mit dem auf der Hauptversammlung beschlossenen und nun umgesetzten Aktiensplit im Verhältnis 3 zu 1 zusammen. Damit wird die Aktie optisch billiger und soll nach Jahren der Aufwärtsbewegung auch für kleinere Investoren wieder interessanter für den Kauf werden. Das es bei der 1983 gegründeten Bechtle AG rund läuft, sieht man jedoch nicht nur am Aktienkurs, sondern an den veröffentlichten Kennzahlen.
Regelmäßig schafft es der Wachstumschampion mit glänzenden Zahlen zu überraschen und so war es auch letzten Woche bei Zwischenbericht zu den Halbjahreszahlen. Umsatzwachstum im zweiten Quartal von 9,3% auf 1,43 Mrd. EUR, der Cashflow deutlich über dem Vorjahr und auch die Prognose wurde vom Vorstand erhöht. Das IT-Unternehmen mit rund 80 Systemhäusern in der D-A-CH-Region trumpfte aber bei dem Vorsteuerergebnis richtig auf und legte hierbei überproportional um 39,8% auf 81,2 Mio. EUR zu. Durch das lückenlose Angebot für die mehr als 70.000 Kunden aus Industrie, Handel und öffentlichen Dienst rund um die extrem wichtige IT-Infrastruktur und dem IT-Betrieb, ist das mit Hauptsitz in Neckarsulm befindliche Unternehmen sehr gut aufgestellt und breit diversifiziert.
Fazit
Während Nikola seit 13 Monaten abgestraft wird und eine Bodenbildung immer noch nicht eingesetzt hat, boomt es bei der Bechtle AG. Ein starke IT-Infrastruktur wird immer wichtiger, genauso wie der Schutz vor Cyberangriffen. Damit dürfte Bechtle auch die nächsten Jahre noch gutes Geld verdienen. Wer ganz langfristig denkt, wie die Chinesen, für den dürfte die kanadische Aktie von Defense Metals interessant sein, denn gerade der Umbau der Wirtschaft in der EU kann nur funktionieren, wenn auch ausreichend Rohstoff vorhanden ist.