08.08.2023 | 05:45
Kein Arzt in Sicht - Bayer, Cantourage Group, Tilray Brands Aktie
Während die Wirtschaft weltweit weiter wächst, erlebt die Mehrheit der Unternehmen der Bundesrepublik das heraufbeschworene „Grüne Wirtschaftswunder“ als stetige Abwärtsspirale. Als weltweites Schlusslicht unter den Industrienationen ist der „kranke Mann Europas“ wieder mit sich verstärkenden Krankheitssymptomen zurück und kein qualifizierter Arzt ist in Sicht. Daher verwundert es nicht, dass die Unternehmen ihre Produktion im Juli um 1,5 % zum Vormonat Juni deutlich stärker zurückgefahren haben, als die „Experten“ mit -0,5 % erwartet hatten.
Lesezeit: ca.
4 Minuten.
Autor:
Stefan Bode
ISIN:
DE000BAY0017 , DE000A3DSV01 , US88688T1007
CANTOURAGE GROUP ALS AUSREIßER
Ein Ausreißer unter den Cannabis Unternehmen ist die deutsche Cantourage Group (WKN: A3DSV0 | ISIN: DE000A3DSV01 | Ticker-Symbol: HIGH). Während Wettbewerber wie Tilray, Canopy Growth & Co. von Quartal zu Quartal mit enormen Verlusten die Anlegergelder verbrennen, ist der deutsche Cannabis-Pionier eine überraschende Ausnahme. Im 1. Halbjahr 2023 konnte der Umsatz um 90 % auf 11,1 Mio. EUR gesteigert werden und auch das EBITDA ist im 2. Quartal positiv, so dass bisher 0,2 Mio. EUR im Halbjahr ausgewiesen werden konnten. Bei einem Aktienkurs von 10,60 EUR und 12,5 Mio. ausstehenden Aktien wird das Unternehmen derzeit mit einer Marktkapitalisierung von 132,50 Mio. EUR an der Börse bewertet. Dagegen wird die unprofitable Canopy Growth bei einem Quartalsumsatz von 50,29 Mio. EUR und einem Verlust von 485 Mio. EUR noch mit 291 Mio. EUR bewertet. Dies zeigt das Missverhältnis bei den Bewertungen in der Branche sehr gut an.
Doch während an der Börse eine Fehlbewertung länger anhalten kann, so setzt die Cantourage Group ihr Wachstum weiter fort. Im 2. Halbjahr 2023 soll der Umsatz nochmal knapp verdoppelt werden, um das Jahresziel von 30 Mio. EUR zu erreichen. Nach der Studie von NuWays erwartet Analyst Christian Sandherr in 2023 einen Umsatz von 30,7 Mio. EUR, in 2024 von 56,1 Mio. EUR bei einem EBITDA von 3,6 Mio. EUR. Bei diesem Wachstum hält der Analyst das Unternehmen bei 12 EUR für fair bewertet. Er stuft die Aktie als „Buy“ ein. Außerplanmäßiges Wachstum könnte das Unternehmen aber erzielen, sollten medizinische Präparate auf Hanfbasis zukünftig nicht nur für Palliativpatienten und Patienten mit chronischen Leiden von den Krankenkassen bezahlt werden, sondern auch ärztliche Verschreibungen für alle anderen bedürftigen Patientengruppen als Leistungen der Krankenkassen übernommen werden.
Tilray mehr Schein als Sein
Einen Rekordumsatz mit einem Rekord-Finanzergebnis zum abgelaufenen vierten Quartal verkündete Tilray Brands (WKN: A2JQSC | ISIN: US88688T1007 | Ticker-Symbol: 2HQ) lautstark medial. So konnte das Umsatzwachstum um 20 % auf 184 Mio. USD im Vergleich zum Vorjahresquartal mit 153 Mio. USD zulegen. Doch was auf den ersten Blick als Erfolg verkauft wird, sieht bei den Gewinnen bzw. Verlusten wieder deutlich anders aus. Hier sank zwar der bereinigte Quartalsverlust innerhalb eines Jahres um 14 Mio. USD von -46 Mio. USD auf -32 Mio. USD. Dennoch ist das im Jahr 2013 gegründete Unternehmen nach wie vor nicht profitabel.
Da hilft es den Aktionären auch wenig, dass die Marktposition bei medizinischem Cannabis in Kanada durch die Übernahmen von HEXO im Juni 2023 auf 13 % ausgebaut werden konnte, denn unterm Strich verbrennt das Unternehmen weiter das Eigenkapital der Aktionäre. Auch die aktuelle Übernahmen von Eight Beer von Anheuser-Busch für 85 Mio. USD bringt Tillray von Platz 9 auf Platz 5 der größten US-Craft-Beer Produzenten aber das garantiert noch keinen Erfolg. Viele US-Amerikaner kaufen seit dem Werbefehlschlag von Anheuser-Busch mit den Transsexuellen Dylan Mulvaney keine Produkte von Anheuser-Busch mehr und ob ein Konzernwechsel diesen Kundenverlust wieder aufwiegen kann, wird sich erst in Zukunft zeigen. Positiver Lichtblick derzeit ist der Anstieg des operativen Cashflows. Dieser stieg im 4. Quartal auf +44 Mio. USD im Vergleich zu -21 Mio. USD im Vorjahreszeitraum. Sollte sich dieser Trend fortsetzen, wäre das zumindest ein Lichtblick für die Aktionäre. Ob das aber eine aktuelle Marktkapitalisierung von 1,62 Mrd. USD (1,469 Mrd. EUR) rechtfertigt, ist eine andere Sache.
Bayer vor den Zahlen
Am heutigen Dienstag, den 08.08.2023, wird der Bayer (WKN: BAY001 | ISIN: DE000BAY0017 | Ticker-Symbol: BAYN) Konzern um 7:30 Uhr seine Kennzahlen zum 2. Quartal 2023 vorlegen. Nach der damaligen AdHoc Meldung zur Gewinnwarnung des DAX-Unternehmens dürften die Anleger nun den Blick auf das 2. Halbjahr und den Erwartungen für das kommende 1. Halbjahr 2024 legen. Für das abgelaufene Quartal rechnen die Analysten im Schnitt mit einem Umsatz i. H. v. 11,7 Mrd. EUR und einem EBITDA von 2,65 Mrd. EUR. Doch die Erwartungen könnten noch zu hoch sein und damit für negatives Überraschungspotenzial sorgen. Bayer selber kommunizierte nach der Gewinnwarnung einen Umsatz in Q2 von 11 Mrd. EUR und ein EBITDA von 2,5 Mrd. EUR. Für das Gesamtjahr will der Konzern derzeit noch 48,5 bis 49,5 Mrd. EUR Umsatz und einen EBITDA-Zielbereich von 11,3 bis 11,8 Mrd. EUR erreichen.
Bayer nach den Zahlen
07:30 Uhr: Der Bayer Konzern konnte mit einem Umsatz von 11,04 Mrd. EUR und einen EBITDA von 2,5 Mrd. EUR die eigenen Erwartungen erfüllen, nicht jedoch die Analysten überzeugen. Im zweiten Quartal musste durch Wertminderungen i. H. v. 2,3 Mrd. EUR eine Verlust von 1,9 Mrd. EUR ausgewiesen werden. Auch der freie Cashflow sank auf minus 0,5 Mrd. EUR. Da das Pflanzenschutzmittel- und Saatgutgeschäft bisher sehr schlecht verlaufe, erwartet das Unternehmen in diesem Segment statt 3 % Wachstum einen Umsatzrückgang von 2 % im gesamten Jahr. Stark war die Kaufzurückhaltung besonders in Lateinamerikageschäftes mit einem Rückgang von -21,8 % sowie Nordamerika von -16,2 %. Auch im Pharma-Geschäft wird in 2023 nun kein Wachstum mehr erwartet. Das veranlasste den Vorstand die Konzernerwartungen für 2023 nochmals weiter zu senken und rechnet für das Gesamtjahr mit einem Umsatz von 46,8 bis 47,8 Mrd. EUR. Die EBITDA-Erwartungen, zumindest vor Sondereinflüssen, bleiben dagegen mit 11,3 bis 11,8 Mrd. EUR gleich hoch, eröffnet aber dem Vorstand Spielraum zukünftig noch Sondereinflüsse zur Reduzierung des EBITDA-Ziele als Begründung heran zu ziehen. Die alten Umsatzziele könnte Bayer aber dennoch erreichen, sollte der EUR gegenüber dem USD und andere Währungen wieder abwerten, würde eine Abwertung von 1 % bei einem Wechselkurs von 1,09 zu einem Mehrumsatz von ca. 400 Mio. EUR führen. Sollte der EUR dagegen weiter aufwerten, wäre das Negativ aus Sicht des Bayer-Konzerns.