30.03.2021 | 05:45
Profiteure des Onlinehandels – Amazon.com, Hugo Boss, RYU Apparel
Der Internet- und Onlinehandel erlebte in 2020 ein überproportional starkes Wachstum. Auch das erste Quartal 2021 fängt gut für den Onlinehandel an, auch wenn dies weiterhin zu Lasten des stationären Einzelhandels ging. Einzelhändler und Handelskonzerne, die sich in den letzten 12 Monaten nicht an die veränderten Rahmenbedingungen angepasst haben oder von staatlicher Seite finanziell unterstützt wurden, werden eher früher als später von der Marktfläche verschwinden. Auf den Punkt bringt es folgende Aussage:
Wer keinen engen Kontakt zu seinen Kunden hat und/oder im Internet nicht gefunden wird, der existiert für potentielle Käufer nicht und macht entsprechend auch keinen Umsatz. Die wegfallenden Wettbewerber erhöhen aber die Chance auf neue Marktanteile für die verbleibenden wettbewerbsfähigen Unternehmen.
Lesezeit: ca.
4 Minuten.
Autor:
Stefan Bode
ISIN:
US0231351067 , DE000A1PHFF7 , CA74979J4072
RYU Apparel – Frontalangriff
Das Modeunternehmen RYU Apparel (WKN: A2P9Z6 ISIN: CA74979J4072 Ticker: RYAA) produziert und vertreibt hochwertige Sport- und Freizeitbekleidung für Männer und Frauen. Das feurige Temperament des CEO Cesare Fazari und natürlich auch sein Zugang zum Kapitalmarkt hat dem jungen Unternehmen seit Einstieg in 2020 neuen Schwung verliehen und auch das Überleben gesichert. Der Aktienkurs steht bereits doppelt so hoch wie im letzten Jahr und erst letzte Woche am 23.03.2021 verkündete der CEO stolz, eine 10 Mio. CAD Wandeloptionsanleihe für RYU Apparel platziert zu haben. Auch die Bedingungen der Wandelanleihe sind interessant. Die Anleihe kann zu einem Kurs von 0,35 CAD in Aktien gewandelt werden. Wenn man bedenkt, dass die Aktie gerade bei 0,12 CAD steht, scheint auch der Anleihengläubiger viel mehr zu erwarten als nur eine 7% p.a. Verzinsung.
RYU Apparel liefert eine Hammernachricht nach der anderen. Letzte Woche wurde zudem der neue COO Rob Blair vorgestellt, der für den Markenaufbau bei den jetzt sehr bekannten Unternehmen Red Bull, Nike (NYSE:NKE), Gab Body (NYSE:GPS) und Lululemon (NASDAQ:LULU) tätig war. Am 25.03.2021 gab das Unternehmen die zweijährige Kooperation mit der NFL Alumni Academy bekannt. Durch das Co-Branding der Trainer und Spieler wird die Bekanntheit der Marke deutlich gesteigert. Doch damit nicht genug. Am Freitag, den 26.03.2021 wurde die Kooperation mit der Kosan Travel Company bekannt gegeben. Damit wollen sich beide Unternehmen gegenseitig stärken und zwar insofern, dass RYU Apparel funktionale Reisebekleidung für die Kosan Travel Company anbietet, weiterentwickelt und damit das Premiumsegment für die Kunden mit abdeckt.
CEO Cesare Fazari liefert Woche für Woche immer neue Kooperationen und pusht das Unternehmen mit viel positiver Energie voran. Das Ziel von 100 Millionen CAD Umsatz bis 2025 sollte mit dieser Dynamik erreichbar sein.
Hugo Boss – Talsohle durchschritten
Das deutsche Luxusmodehaus Hugo Boss (WKN: A1PHFF ISIN: DE000A1PHFF7 Ticker: BOSS) verzeichnete im Geschäftsjahr 2020 einen Umsatzrückgang von 33 Prozent. Im Vergleich zu 2019 ging der Umsatz von 2,88 Mrd. Euro auf 1,94 Mrd. Euro zurück. Damit entstand im Berichtsjahr 2020 ein Nettoverlust von 219,2 Mio. Euro statt 205,2 Mio. Euro Gewinn in 2019. Hauptbelastung waren die Geschäftsschließungen in Europa im zweiten und vierten Quartal 2020. Auch das erste Quartal 2021 fängt genauso an, wie 2020 geendet hat und wird ebenfalls das Ergebnis 2021 belasten. Das Asiengeschäft lief dagegen im zweiten Halbjahr 2020 wieder sehr gut und schloss sogar das Jahr mit einem zweistelligen Umsatzwachstum ab.
Damit konnte zumindest der CashFlow in 2020 positiv gehalten werden und auch das Onlinegeschäft nahm im dritten und vierten Quartal 2020 deutlich zu. Die negativen Auswirkungen der Pandemie auf das Ladengeschäft dürften bereits vollständig eingepreist sein. Das Asiengeschäft zieht deutlich an und der dortige Wohlstandsgewinn der offenen Wirtschaftsräume im fernen Osten schlägt sich in höheren Umsätzen bei der Luxusmarke Hugo Boss nieder. Die Aktie von Hugo Boss notiert auf dem Niveau von 2010. Sollte die Aktie oberhalb des wichtigen Jahreswiderstands von 31,18 Euro das erste Quartal 2021 abschließen, aktiviert dies als nächstes Kursziel die 43,22 Euro. Das würde einem Anstieg von 29 Prozent entsprechen.
Amazon.com – NFL, Champions-League und Streik
Der größte Onlinehändler der Welt ist mit Abstand Amazon.com (WKN: 906866 ISIN: US0231351067 Ticker: AMZ). Wer einfach und zuverlässig online kaufen möchte, der kommt um die Onlineplattform von Amazon nicht herum. Weder als Käufer noch als Verkäufer. Und an jedem Umsatz verdient das Unternehmen kräftig mit, denn der Marktplatzbetreiber kassiert immer. Doch auch wenn Amazon mit dem Onlinehandel groß geworden ist, so nimmt der Bereich Datenspeicherung und Rechenzentren einen immer größeren Platz ein. Auf den Servern von Amazon sind zum Beispiel die Filme von Netflix gespeichert und werden von dort aus an den jeweiligen Abonnenten ausgespielt. Auch hier verdient Amazon Monat für Monat mit.
Auch bei den Übertragungsrechten der NFL der Donnerstagsabendspiele ändert sich einiges. Bisher teilte sich Amazon die Lizenz mit Fox, doch ab 2023 übernimmt Amazon nicht nur das Online-Streaming, sondern auch die Aussteuerung über Kabel, Satellit und Live-TV-Streaming. Damit greift Amazon das Geschäft der US-amerikanischen Kabel- und Satellitenriesen frontal an. Die NFL Fans müssen jedenfalls ab 2023 eine Entscheidung treffen und die wird sehr wahrscheinlich die Kündigung des Kabelfernsehens sein. Während sich in den USA eine deutliche Veränderung im Zuschauerverhalten abzeichnet, arbeitete Amazon auch daran, die Erlaubnis für die Champions-League-Übertragung zu erhalten. Dafür war es erforderlich, erst einmal eine Rundfunklizenz zu erhalten. Die ZAK - Zulassung und Aufsicht Kommission hat mit Sitzung vom 24.03.2021 Amazon die erforderliche Rundfunklizenz genehmigt und ausgestellt. Damit kann Amazon ab der Saison 2021/2022 auch dieses Geschäftsmodell der Pay-TV Sender angreifen.
Derweil bestreikt die Gewerkschaft Verdi in Deutschland das Ostergeschäft des Konzerns an den verschiedenen Amazon Standorten. Damit soll ein Flächentarifvertrag des Einzel- und Versandhandels bei Amazon eingeführt werden. Die Konzernleitung von Amazon Deutschland hält dagegen, dass nur ca. 10% der Mitarbeiter streiken würden und die Beschäftigten bereits von exzellenten Löhnen, Zusatzleistungen und exzellenten Karrierechancen profitieren würden. Bei 11,30 - 12,70 Euro brutto Einstiegsstundenlohn, zahlt das Unternehmen immerhin ca. 2 Euro je Stunde mehr als der gesetzliche Mindestlohn vorschreibt. Ob davon auf Grund der gesetzlichen Abgabenlast noch eine Familie ernährt werden kann, ist eine andere Frage.