15.08.2023 | 06:50
Short Squeeze, Retest, Klage – Cardiol Therapeutics, Morphosys, Pfizer Aktie
Nachdem in den beiden Coronajahren 2020 und 2021 die Nachfrage nach Aktien im Pharma- und Biotechsegment noch boomte, ist im Jahr 2022 Ernüchterung eingetreten. Diese hielt auch bis Anfang August an. Doch nun haben die Medien nach dem Ende der Coronapanik, dem nachlassenden Interesse am Ukrainekrieg und dem ins Wasser gefallenen „Hitzesommer“ nun das nächste Angstthema entdeckt. Der nächste Winter kommt bestimmt und damit fängt die Schallplatte wieder von vorne an und die Warnung vor der nächsten schweren Grippewelle im Winter beginnt wieder Fahrt aufzunehmen. Das lenkt zumindest kurzfristig auch das Interesse der Börsianer wieder in den Pharma- und Biotechsektor und könnte eine Trendwende einläuten.
Lesezeit: ca.
4 Minuten.
Autor:
Stefan Bode
ISIN:
CA14161Y2006 , DE0006632003 , US7170811035
Cardiol Therapeutics - Short Squeeze beendet?
Als der www.derFinanzinvestor.de vor ca. 2 Monaten das kanadische Unternehmen Cardiol Therapeutics (WKN: A2PA9E | ISIN: CA14161Y2006 | Ticker: CT9) vorgestellt hatte, sah es danach aus, dass die seit Oktober 2022 laufende Bodenbildungsphase beendet worden ist und ein Short Squeeze laufen könnte. Dieser erreichte dann in der vergangenen Woche Dienstag sein vorläufiges Hoch bei 1,64 CAD (1,11 EUR) und überwand dabei auch den kurzfristigen Abwärtstrend. Nach dem starken Anstieg der letzten Monate erfolgte dann bis vergangenen Freitag der Retest des Abwärtstrends von oben mit dem Aufsetzen bei 1,23 CAD. Auch konnte die Aktie mit dem derzeitigen Rücklauf die am 25. Juli aufgemachte Kurslücke wieder schließen, doch nun kommt es auf die Bullen an. Können sie die Initiative ergreifen und wieder die Oberhand gewinnen? Durch den Anstieg der letzten Monate ist jedenfalls das Listing an der Nasdaq wieder für mind. 14 Monate gesichert.
In jedem Fall hat Cardiol Therapeutics mit seiner Forschung auf dem Gebiet entzündungshemmender und antifibrotischer Therapien zur Behandlung von Herzerkrankungen bereits eine Phase-I-Studie mit seinem führenden Arzneimittelkandidaten CardiolRx™ erfolgreich abgeschlossen. Derzeit rekrutiert das Unternehmen Patienten für zwei Phase-II-Studien, um die Wirksamkeit und Sicherheit von CardiolRx™ bei Herzerkrankungen zu untersuchen: Eine US-amerikanische Open-Label-Pilotstudie bei rezidivierender Perikarditis (Herzbeutelentzündung) und eine internationale, placebokontrollierte Studie bei akuter Myokarditis, einer führenden Ursache für plötzlichen Herztod bei Menschen unter 35 Jahren. Häufiges Auftreten von Myokarditis und Perikarditis in den letzten zwei Jahren war laut CDC bei männlichen Jugendlichen und jungen Erwachsenen nach der zweiten Gentherapie mRNA-COVID-19-Behandlung wahrscheinlicher. Wenn CardiolRx™ auch dieser Zielgruppe helfen kann, könnte es mehr jungen Erwachsenen ermöglichen, wieder ein besseres Leben zu führen.
Pfizer verklagt Wettbewerb
Der US-Pharmakonzern Pfizer (WKN: 852009 | ISIN: US7170811035 | Ticker-Symbol: PFE) und das Scripps Research Institute behaupten in einer neuen Klage, dass die israelische Generikaunternehmung Dexcel Pharma Technologies drei Patente des Medikamentes Vyndamax verletzen würden. Vyndamax ist für Pfizer ein Blockbuster-Herzmedikament und damit eine wichtige milliardenschwere Einnahmequelle. Aus der vor dem US-Bezirksgericht in Delaware vorgebrachten Klageeinreichung geht hervor, dass Scripps zwei Patente und ein Patent Pfizer zugewiesen werden. Vyndamax wird im Krankenhaus Patienten gegeben, um Ansammlungen von Proteinen im Herzen bei der seltenen Herzerkrankung Amyloid-Transthyretin-Kardiomyopathie (ATTR-CM) zu verringern. Durch die Gabe von Vyndamax verlängert sich die durchschnittliche Überlebenszeit von 2,5 - 3,5 auf bis zu 5 Jahre.
Bei diesem Medikament schlägt aber Pfizer und das Scripps Research Institut eine sehr hohe Marge auf. So kumulieren sich die jährlichen Großhandelskosten allein für das Medikament auf mehr als 240.000 USD. Viele Forscher und Mediziner bezeichnen daher Vyndamax nicht nur als teuerstes Herzmedikament aller Zeiten, sondern finanziell könnten in Nordamerika vor allem ältere Patienten dieses sich nicht leisten. Dennoch erzielte Pfizer in den ersten sechs Monaten 2023 einen Umsatz von 818 Mio. USD mit diesem Medikament und konnte diesen im Vergleich zum ersten Halbjahr 2022 von 561 Mio. USD um 46 % steigern. Vor allem in den USA und Westeuropa, wo die ATTR-CM-Indikation weit verbreitet ist, kommt der größte Teil des Umsatzes her und macht ca. 2,4 % des gesamten Umsatzes von Pfizer aus. Da aber die beiden Scripps-Patente im Dezember 2023 bzw. im April 2024 auslaufen und das Pfizer Patent sich nur auf die kristalline Form des Vyndamax Medikamentes bezieht, dürfte die Klage einzig und allein auf die Abschreckung und Hinhaltetaktik gegenüber dem internationalen Wettbewerb abzielen.
Morphosys – Buy, Overweight, Sell
Der deutsche Biotech-Titel Morphosys (WKN: 663200 | ISIN: DE0006632003 | Ticker-Symbol: MOR) konnte mit dem letzten Quartalsbericht mehrere Experten und Analysten überzeugen. Unter anderem stufte die Schweizer Großbank UBS das Biotech-Unternehmen auf „Buy“ mit einem Kursziel von 47 EUR ein. Die Analystin Xian Deng legte in ihrer am vergangenen Donnerstag veröffentlichten Studie vor, das Morphosys die Erwartungen bei dem Absatz des Kassenschlagers Monjuvi übertroffen hat und damit die Konsensschätzung übererfüllen konnte. Etwas weniger optimistisch war der Analyst James Gordon von der US-Bank J.P. Morgan. Er schloss aus der Ausblickbestätigung von Morphosys für das Gesamtjahr, dass bis Jahresende die derzeitigen Mehrverkäufe sich im dritten und vierten Quartal durch schwächere Absatzzahlen wieder ausgleichen werden. Daher stuft er das Unternehmen weiter als „Overweight“ ein, aber sieht nur ein Kursziel von 36 EUR als gerechtfertigt an.
Signifikant Pessimistisch ist dagegen die US-Investmentbank Goldman Sachs. Für die Investmentbank war die Geschäftsentwicklung im zweiten Quartal gerade mal erwartungsgemäß und habe die eigenen Schätzungen nicht übertroffen. Potenzial sieht der Analyst Rajan Sharma aber bei dem Krebsmedikament Pelabresib. Dieses erwarb Morphosys bei der milliardenschweren Übernahme des Wettbewerbers Constellation Pharmaceuticals im Juni 2021. Der Hoffnungsträger ist derzeit noch im Teststadium, könnte aber bei positiver Weiterentwicklung höhere Kurse rechtfertigen. Da erst Ende 2023 mit Auswertungsdaten zu rechnen ist, stuft sie Morphosys aber als „Sell“ mit einem Kursziel von 12,50 EUR ein.